Frage: Kann ich nicht auch sofort mit E-Gitarre anfangen?

Antwort: Diese Frage kommt öfter mal vor und wird zu Recht viel diskutiert. Sie ist nicht leicht zu beantworten und nimmt daher an dieser Stelle etwas mehr Platz ein.

 

Ich muss gleich vorweg sagen, dass ich selbst auf der E-Gitarre angefangen habe.

 

Das Ganze hat im Nachhinein betrachtet zwei Seiten. Die eine ist: Ja, ich habe nach einiger Zeit gemerkt, dass ich den zweiten Schritt vor dem ersten machen wollte und bin „zurück gegangen“ zur akustischen Gitarre um dann festzustellen, dass genau dies ein großer Schritt nach vorne war. Die andere Seite: Mein großer Wunsch mit „ner fetten E-Gitarre“ anzufangen, statt mit einer „langweiligen Konzertgitarre“, war sozusagen meine „Einstiegsdroge“ in die Musik. Ich bin dabei geblieben – weiß aber nicht, was ohne die E-Gitarre von damals passiert wäre. Es ist sogar so, dass ich bei zwei vorhergegangenen Versuchen (Konzert-)Gitarre zu lernen , nicht „angebissen“ hatte.

 

Zurück zum Thema: Abgesehen davon, dass mir persönlich für die Begeisterung zur Musik viele Mittel recht sind, einschließlich der E-Gitarre, gibt es einige Gründe, die meiner Meinung nach doch dagegen sprechen, mit der E-Gitarre anzufangen.

 

Die E-Gitarre bringt für die Praxis eine Reihe Faktoren mit, die einem „einfachen“ Start ins Musikmachen ein bisschen im Wege stehen.

  • E-Gitarren sind in der Anschaffung teurer als die üblichen Anfängergitarren und man benötigt zusätzlich einen Verstärker.
  • Auf einer Konzertgitarre gibt es keine Einstellmöglichkeiten für den Sound, mit denen ich mich groß beschäftigen muss. Man kann ohne viel Fummelei direkt loslegen.
  • Das Griffbrett einer E-Gitarre ist wesentlich schmaler, was eine präzisere Motorik der Greifhand erfordert.
  • Die E-Gitarre ist von ihrem Zweck her ein Instrument, welches idealerweise im Zusammenspiel in einer Band funktioniert.

 

Den letzten Punkt möchte ich noch etwas genauer erklären: Gitarrenriffs und Solospiel, so wie sie im Bandspiel vorkommen, sind technisch häufig sehr anspruchsvoll und bleiben letztlich doch nur kleine Bausteine in der Musik. Das heißt: ich muss ziemlich ackern, um ein „cooles“ E-Gitarren Riff halbwegs vernünftig spielen zu können.

 

Die Gitarre ist von ihrem Hauptzweck her ein Harmonieinstrument und erst in zweiter Instanz ein Melodieinstrument. Das heißt, zu über 90% spielt ein Gitarrist eigentlich „nur“ Akkorde und begleitet damit den Gesang oder andere Instrumente und schafft so einen ganz wichtigen Klangteppich für die Musik. Wenn ich Riffs oder den Anfang eines Solos spiele, beschäftige ich mich hauptsächlich mit „Schnipseln“ aus der Musik – die mögen zwar sehr eindrucksvoll klingen – es bleiben jedoch nur Schnipsel oder Verzierungen, die einem Song das gewisse Etwas geben.

 

Wenn ich hingegen die Akkorde eines Songs auf einer akustischen Gitarre spiele (und dafür eignen sie sich nun mal hervorragend) und dazu noch die Melodie singe oder summe, erfahre ich die ganze Breite des Songs, das Gerüst, die Basis. Das ist Musik!

 

Dennoch möchte ich diese komplizierte Frage nicht abschließen, ohne auch ein paar Pluspunkte für einen Einstieg auf der E-Gitarre zu beenden.

  • Auf einer E-Gitarre zu beginnen, kann die Motivation bei Kindern und Jugendlichen überproportional erhöhen.
  • Die Saitenlage ist sehr flach und der Hals schlank, was eine einfache Bespielbarkeit unterstützt.
  • Der Korpus ist relativ klein, so dass er keine Barriere darstellt. Der Spieler sollte wegen der Halslänge aber dennoch problemlos im ersten Bund greifen können.
  • Die E-Gitarre hat dieselbe Stimmung wie eine Konzertgitarre, wodurch die Akkorde (Griffe) gleich sind und Schlag- und Zupftechniken auch hier geübt werden können.  

 

Zu guter Letzt noch ein absolutes Ausnahme-Beispiel für einen sehr frühen Einstieg in die E-Gitarre. Auch dieser Junge hat zunächst auf einer akustischen Gitarre begonnen, bevor er umgestigen ist - Viel Spaß

8-Jähriger Junge mit E-Gitarre